Projektbeispiele

In den vergangenen Jahrzehnten wurden weltweit bereits diverse Projekte durchgeführt, die als Test für ein Bedingungsloses Grundeinkommen betrachtet werden können.

In den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde in der kanadischen Stadt Dauphin in der Provinz Ontario eine Studie namens „Mincome“ durchgeführt. Die Einwohner*innen erhielten fünf Jahre lang ein Einkommen von 100 kanadischen Dollar pro Monat. 1977 wurde das Experiment abrupt wegen einer Finanzkrise beendet, da wurde die Kleinstadt schon „Stadt ohne Armut“ genannt. Die Studienergebnisse waren verschollen und tauchten erst 2009 wieder auf. Es zeigte sich:

  • die Stadt blühte auf,
  • die Zahl der Arztbesuche sank deutlich,
  • besonders die psychischen Beschwerden gingen zurück,
  • Jugendliche entschieden sich vermehrt, länger zur Schule zu gehen.

In den Jahren 2008 bis 2013 gab es ein Projekt in Namibia, in zwei Dörfern in Otjivero. Das Basic Income Grant (BIG), eine Organisation aus Kirchen, NGOs und Gewerkschaften, zahlte den Einwohner*innen bis zum 60. Lebensjahr monatlich je 100 Namibia-Dollar (entspricht etwa 10 Euro). In dieser Zeit gab es ein Wirtschaftswachstum von zwölf Prozent. Außerdem:

  • am ersten Zahltag wurde mit viel Alkohol gefeiert,
  • aber dann wurden viele Investitionen getätigt,
  • die Menschen gingen öfter zum Arzt,
  • es gab weniger Diebstähle,
  • sie halfen einandner, diskutierten Probleme und wurden selbstbewusster.

Während die Arztbesuche im kanadischen Projekt also weniger wurden, weil die Menschen nun gesünder waren, gingen sie in Otjivero öfter zum Arzt, weil sie es sich endlich leisten konnten, ihn zu konsultieren.

Ähnliche Erfahrungen werden auch in Kenia seit 2016 in einem sehr groß-angelegten Experiment gemacht, das die NGO „GiveDirectly“ aus den USA finanziert und wissenschaftlich begleitet. Einwohner*innen aus zwölf sehr armen Dörfern werden soweit unterstützt, dass sie über die Armutsgrenze hinauskommen. Hier zeigt sich bereits, dass ein Grundeinkommen sehr viel mehr bewirkt als klassische Entwicklungshilfe, bei denen der/die Spendende mit Einzelprojekten und Sachspenden entscheidet. Das Grundeinkommen hingegen wendet sich an mündige Bürger*innen, die selber am besten wissen, was sie benötigen.

Der Gedanke, dass Bodenschätze allen Bürger*innen gehören, ist der Grund für ein zusätzliches Einkommen in Alaska, dem Alaska Permanent Fund. Pro Kopf und Jahr wird ihnen auf Antrag eine Dividende an der Ölförderung ausgezahlt. Auch in der Mongolei wurde mit dem Verkauf von Bodenschätzen (Gold und Kupfer) ein Fond eingerichtet, aus dem ebenfalls alle Menschen ein zusätzliches Einkommen beziehen können. Im Iran ist es wiederum die Erdölförderung, von der aber nur besonders arme Bürger*innen Geld bekommen. In der brasilianischen Verfassung ist ein Grundeinkommen sogar verankert, aber nur arme Familien erhalten es, die ihre Kinder in die Schule schicken und impfen lassen.

In Deutschland wollte der Berliner Michael Bohmeyer 2014 endlich wissen, welche Auswirkungen die Auszahlung eines BGE hat: Er gründete den Verein „Mein Grundeinkommen“ und sammelt seither per Crowdfunding Geld ein. Immer, wenn 12.000 Euro zusammengekommen sind, wird ein BGE ausgelost. Über 680 Personen wurden schon ausgewählt, denen dann ein Jahr lang jeden Monat bedingungslos 1.000 Euro ausgezahlt wurde bzw. wird. Es zeigt sich, dass nicht die Höhe des BGE das Wichtigste  ist, sondern die Bedingungslosigkeit, das unbedingte Vertrauen, das den Empfänger*innen des BGE entgegengebracht wird. In dem Buch „Was würdest du tun – Wie uns das BGE verändert“ schildert Bohmeyer Begegnungen mit ihnen.

Neu ist ein 2020 gestartetes „Pilotprojekt Grundeinkommen“, in dem jeweils für 3 Jahre ein BGE von 1.200 Euro pro Monat ausgelost und vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Universität Köln wissenschaftlich begleitet werden soll. Über zwei Millionen Menschen haben sich dafür registriert. Von ihnen werden 1.500 Teilnehmer*innen ausgelost, davon werden mindestens 120 das BGE bekommen, die übrigen bilden die Vergleichsgruppe. Aufgrund des großen Zuspruchs wird das Experiment wohl noch deutlich ausgeweitet werden können.

Dieses sind nur einige Beispiele und nur wenige sind existenzsichernd. Manche werden nur für Arme gezahlt wie im Iran, und manchmal werden Bedingungen an das Grundeinkommen geknüpft oder man erhält die Zahlungen nur auf Antrag.

In keinem Projekt führte ein Grundeinkommen oder gar das Bedingungslose Grundeinkommen dazu, dass weniger gearbeitet wurde, sondern Kreativität und Selbstbewusstsein wurden stets gefördert.