Die ausführlichen Antworten der Bundestagskandidat*innen

Anlässlich der Bundestagswahl hat die hiesige Bürgerinitiative Bedingungsloses Grundeinkommen Nienburg/Weser die Direktkandidat*innen des Wahlkreises 40 sieben sozialpolitische Fragen gestellt. Themen waren u. a. das Bedingungslose Grundeinkommen, eine Kindergrundsicherung und die Abschaffung von Hartz-IV. Mit Ausnahme der FDP und den Freien Wählern haben alle befragten Kandiderenden geantwortet. AfD und dieBasis wurden nicht befragt.

Hier werden die ausführlichen Antworten der Kandidat*innen veröffentlicht:


1. Wie stehen Sie zu der Idee der Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) mit den vier Kriterien existenz- und teilhabesichernd, individueller Rechtsanspruch, ohne Bedürftigkeitsprüfung sowie ohne Arbeitsverpflichtung, Gegenleistungen oder Sanktionen in Deutschland?

Maik Beermann (CDU, MdB): Auch wenn die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens sicherlich faszinierend ist, ist dieses ohne deutliche Steuererhöhungen in gewissen Bereichen nicht finanzierbar. Die erhebliche Subventionierung von Arbeitgebern durch das bedingungslose Grundeinkommen macht einen deutschen Alleingang in diesem Bereich zudem vor dem Hintergrund des Europäischen Binnenmarkts unmöglich. Aussichtsreich kann daher ausschließlich ein europäisches Grundeinkommen sein, welches aufgrund der gravierenden Lohnunterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten mittelfristig nicht realisierbar ist. 

Marja-Liisa Völlers (SPD, MdB): Unser Ziel ist Vollbeschäftigung mit gerechten Löhnen. Unsere Antwort auf den Wandel der Arbeitswelt ist ein „Recht auf Arbeit“. Das bedeutet für uns, dass sich die Solidargemeinschaft dazu verpflichtet, sich um jede einzelne Person zu kümmern und allen Arbeit und Teilhabe ermöglicht. Weil sich Arbeit verändert, soll es auch die Möglichkeit für die eigene Weiterbildung und Weiterentwicklung geben.
Arbeit bedeutet auch die Sicherung der Existenz. Das ist ein grundlegendes Bedürfnis. Für sich selbst und die Familie. Diese Sicherheit gibt es nur, wenn man auch langfristig planen kann: Eine gute Wohnung finden, die Miete bezahlen, den Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen.
Wir wollen im nächsten Deutschen Bundestag die Grundsicherung zu einem Bürgergeld entwickeln. Unser Bürgergeld steht für ein neues Verständnis eines haltgebenden und bürgernahen Sozialstaats. Die Regelsätze im neuen Bürgergeld müssen zum Leben ausreichen und zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen. Das Bürgergeld muss absichern, dass eine kaputte Waschmaschine oder eine neue Winterjacke nicht zur untragbaren Last werden. Die Kriterien zur Regelsatzermittlung werden wir weiterentwickeln und hierbei die Erfahrungen von Betroffenen und Sozialverbänden mit einbeziehen.

Katja Keul (Grüne, MdB): Wir setzen uns für eine sanktionsfreie Garantiesicherung ein, welche Hartz IV ersetzt. Existenzsichernde Sozialleistungen sollen Schritt für Schritt zusammengeführt und ihre Auszahlung langfristig in das Steuersystem integriert werden, um einen transparenten und einfachen sozialen Ausgleich zu schaffen und verdeckte Armut zu überwinden. Die Grundideen des bedingungsloses Grundeinkommens spiegeln sich auch in der Garantiesicherung wieder: Garantie des Existenzminimums, Sanktionsfreiheit, Abschaffung der pauschalen Vermögensprüfung, individueller Leistungsanspruch und soziale Teilhabe. 
Wir begrüßen außerdem Modellprojekte, die die Wirkung eines bedingungslosen Grundeinkommens erforschen. 

Lennart Dahms (Die Linke): DIE LINKE hat sich in der Frage des BGE noch nicht positioniert. Nach der Bundestagswahl wird es einen Mitgliederentscheid geben, der über die Aufnahme in das Programm abstimmt. Dementsprechend werde ich mich dieser demokratischen Abstimmung nach positionieren.

Gabriele Tautz (Tierschutzpartei): Die Vergangenheit hat leider gezeigt, dass durch die „Hartz IV“ Maßnahmen die Reintegration in die Arbeitswelt und die Wiedererlangung der Selbständigkeit bei vielen Menschen nicht erreicht werden konnten, dass sie eher in eine „Armutsfalle“ geraten sind, aus der es schwierig ist, herauszukommen, insbesondere wenn durch Sanktionen und Druck seitens der zuständigen Behörden psychische Probleme entstehen. Häufig ist die Mobilität und die persönliche Freiheit der Betroffenen sehr eingeschränkt, da sie dem Arbeitsmarkt jederzeit zur Verfügung stehen müssen und jedes zumutbare Angebot anzunehmen haben. Hinzu kommt die Einschränkung der Teilhabe am kulturellen Leben, es fehlt den Betroffenen häufig das Geld, um eine Veranstaltung zu besuchen, teilweise sind sie nicht mobil. Über kurz oder lang führt dies zu einer gesellschaftlichen Ausgrenzung. Sehr problematisch ist die Situation für Alleinstehende mit Kindern., aber auch in sog. „Bedarfsgemeinschaften“ , bei denen ein individueller Leistungsanspruch aufgrund der Anrechnung des Einkommens der Partner nicht mehr gegeben ist. Die Bürokratie ist ebenfalls eine erhebliche Hürde, viele Bürger und Bürgerinnen sind aufgrund es Umfangs der Anträge und Formulare nicht in der Lage, überhaupt ohne fremde Hilfe einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts zu stellen.
Es ist deshalb notwendig und geboten, das gegenwärtige System umzugestalten. Das „bedingungslose Grundeinkommen“ müsste über der sog. „Armutsgrenze“ angesiedelt sein. Es bietet dann den Betroffenen den Vorteil einer Flexibilität, jeder kann das Beste aus seiner Situation machen und hat die Wahlmöglichkeit, eine Arbeit aufzunehmen, sich weiterzubilden oder ehrenamtlichen Tätigkeiten nachzugehen. Teilhabe an der Gesellschaft wäre wieder möglich, und die Betroffenen wären nicht mehr „stigmatisiert“. Die Modellversuche mit dem bedingungslosen Grundeinkommen sollten deshalb ausgeweitet werden, um festzustellen, wie es sich auswirkt auf die Wiedereingliederung der Menschen im Arbeitsmarkt und ob es den Menschen hilft, mit unbürokratischer Hilfe einen Vertrauensvorschuß zu erhalten anstelle von Druck und Sanktionen.


2. Was halten Sie von der Forderung nach einer Kindergrundsicherung in Höhe von ca. 637 Euro für jedes Kind und jeden Jugendlichen (unter 18) inklusive des Wegfalls aller anderen steuerlichen oder sozialen Leistungen (Kindergeld, Kinderfreibeträge, Hartz-IV-Sätze für Kinder)?

Maik Beermann (CDU, MdB): CDU und CSU wollen gezielt Familien finanziell stärken. Sie sind die Leistungsträger unserer Gesellschaft. Zielgenaue und bedarfsorientierte Maßnahmen halten wir für sinnvoller als eine Kindergrundsicherung. Wir halten am Ehegattensplitting fest und wollen unabhängig davon zusätzlich Ansätze entwickeln, um Kinder positiv zu berücksichtigen. Wir haben die finanzielle Situation von Familien spürbar verbessert, indem wir den Kinderfreibetrag und das Kindergeld zum 1. Januar 2021 deutlich erhöht haben. Perspektivisch streben wir den vollen Grundfreibetrag für Kinder an und finden damit den Einstieg in ein Kindersplitting. Wir haben auch den steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende auf 4.008 Euro verdoppelt. Wir wollen ihn perspektivisch auf 5.000 Euro weiter erhöhen. Wir werden die steuerliche Berücksichtigung haushaltsnaher Dienstleistungen verbessern. Sie entlasten Familien im Alltag und schaffen mehr Zeit für Familie und Beruf. So verringern wir auch Schwarzarbeit und tragen zur sozialen Absicherung der häufig weiblichen Beschäftigten bei.

Marja-Liisa Völlers (SPD, MdB): Wir wollen eine Kindergrundsicherung. Die SPD hat bereits vor rund zwei Jahren das Konzept für die Kindergrundsicherung entwickelt. Und natürlich ist sie Teil des Zukunftsprogramms der SPD. Unser Modell für die Kindergrundsicherung steht auf zwei Säulen: Zum einen geht es um eine gute Infrastruktur, beitragsfreie Kitas etwa, Ganztagsschulangebote oder auch kostenfreie Busse und Bahnen für Kinder und Jugendliche.
Zum anderen soll das neue Kindergeld vor allem dort ankommen, wo es am meisten gebraucht wird: Familien mit kleinen und mittleren Einkommen bekommen dem Konzept nach mehr als Familien, die viel Geld verdienen. Das neue Kindergeld bündelt auch bisherige Leistungen, die derzeit noch zumeist einzeln beantragt werden müssen – und soll künftig automatisch ausgezahlt werden. Konkret soll der monatliche Basisbetrag bei rund 250 € pro Kind liegen. Der Höchstbetrag für Familien mit kleinen Einkommen soll mindestens doppelt so hoch sein.
Neben der Kindergrundsicherung wollen wir unter anderem auch Kinderrechte im Grundgesetz verankern, mehr gemeinsame Zeit für Familien möglich machen, eine Ausbildungsplatzgarantie und besseres BAföG.

Katja Keul (Grüne, MdB): Zukunftschancen dürfen nicht von der sozialen Herkunft abhängen, dafür wollen wir uns mit einer Gesamtstrategie zur Prävention und Bekämpfung von Kinderarmut einsetzen – ein Teil davon ist die Kindergrundsicherung. 
In der Kindergrundsicherung wollen wir die verschiedenen Leistungen wie Kindergeld, Kinderfreibeträge, Kinderzuschlag, Sozialgeld für Kinder und Bedarfe für Bildung und Teilhabe in einer neuen eigenständigen Leistung zusammenfassen, sodass alle Kinder einen Garantie-Betrag und Kinder in einkommensschwachen Familien noch einen GarantiePlus Betrag erhalten, welcher dem Einkommen der Familie angepasst wird.
Diese Grundsicherung soll nach einmaliger Beantragung automatisch von der Familienkasse berechnet und ausgezahlt werden und so auch garantiert bei allen Kindern ankommen. 

Lennart Dahms (Die Linke): Grunsätzlich befürworte ich die Forderung nach einer Kindergrundsicherung. Allerdings denke ich, dass eine System mit Grundbetrag + Sonderleistungen (Kitas gebührenfrei, Elterngeld, etc.) sich besser an verschiedene Lebenssituationen anpassen kann.

Gabriele Tautz (Tierschutzpartei): Es müsste meiner Meinung nach eine altersgerechte Staffelung erfolgen, da die lebensnotwendigen Bedürfnisse eines Kleinkindes anders sind als die Bedürfnisse von Jugendlichen, die schulpfichtig sind und Freizeitaktivitäten nachgehen möchten. , hierauf wäre Rücksicht zu nehmen. Ansonsten befürworte ich die Kindergrundsicherung als einen weiteren Schritt zur Umgestaltung des Hartz IV- Systems. Allerdings wäre bei diesem System im Rahmen einer Zweckbindung sicherzustellen, dass das Geld tatsächlich auch für die Bedürfnisse der Kinder verwendet wird.


3. Wie ist Ihre Position zur Zahlung eines elternunabhängigen, rückzahlungsfreien Studiengeldes oberhalb des soziokulturellen Existenzminimums von ca. 1.200 Euro für alle Studierenden?

Maik Beermann (CDU, MdB): Ein rückzahlungsfreies Studiengeld lehne ich ab, da es eine Übervorteilung von Akademikern gegenüber Menschen in Ausbildungsberufen darstellt. Die Öffnung der Bafög-Förderung für alle Studentinnen und Studenten im Rahmen eines in der Auszahlungsphase elternunabhängigen Bafögs, welches erst bei der Rückzahlung das Vermögen der Eltern berücksichtigt, befürworte ich allerdings. 

Marja-Liisa Völlers (SPD, MdB): Wir wollen als SPD, dass in Zukunft BAföG wieder mehr junge Erwachsene erreicht. Dafür wollen wir die Förderansprüche ausweiten und streben eine schrittweise Rückkehr zum Vollzuschuss an. Das neue Kindergeld soll eine Basisabsicherung für alle bis zum Alter von 25 Jahren sein. Es macht das BAföG elternunabhängiger. Zugleich werden wir das BAföG und das AufstiegsBAföG besser aufeinander abstimmen und perspektivisch zusammenführen. Die Altersgrenzen im BAföG werden wir dazu in einem ersten Schritt aufheben. Und wir brauchen ein Neustart-BAföG, das auch im Erwachsenenalter neue berufliche Wege öffnen und angemessen den Lebensunterhalt sichert. Zudem sollen Junge Menschen in Ausbildung durch direkte, elternunabhängige Auszahlung des neuen Kindergeldes finanziell abgesichert werden – mit einem zusätzlichen, auskömmlichen Fördersatz an BAföG obendrauf.

Katja Keul (Grüne, MdB): Wir wollen, dass sich jeder und jede unabhängig vom Einkommen der Eltern eine Ausbildung oder ein Studium leisten kann und deswegen das BAföG zu einer Grundsicherung für alle Studierenden und Auszubildenden umbauen. Dies beinhaltet im ersten Schritt einen Garantiebetrag und einen Bedarfszuschuss, welcher den Gesamtbetrag im Vergleich zum aktuellen BAföG substanziell erhöht und Studierenden und Auszubildenden direkt überwiesen wird. Perspektivisch soll diese Grundsicherung auch elternunabhängig und altersunabhängiger gestaltet werden.

Lennart Dahms (Die Linke): Um Chancengleichheit in der Bildung zu ermöglichen, muss Studierenden ein elternubabhängiges Studienged gezahlt werden. Das Elternhaus darf nicht über die Bildungsmöglichkeiten der Kinder bestimmen, denn jede*r muss ein Recht auf Bildung haben.

Gabriele Tautz (Tierschutzpartei): Ein elternabhängiges, rückzahlungsfreies Studiengeld zur Ablösung des BAFÖG ist in jedem Fall zu befürworten, um die Studierenden davor zu bewahren, sich durch die Aufnahme eines Studiums zu verschulden. Die Berufswahl wäre in einem derartigen Fall nicht an die Herkunft geknüpft, was ein sehr wichtiger Aspekt ist, um jeden Menschen, unabhängig von den familiären Umständen, die Ausbildung seiner Wahl zu ermöglichen. Mit dem Studiengeld könnten sich die Studierenden stärker auf das Studium konzentrieren, sie wären nicht gezungen, Nebentätigkeiten auszuüben, um ihren Lebensunterhalt sicherzustellen.


4. Werden Sie im neuen Bundestag für eine sanktionsfreie Mindestsicherung für Arbeitssuchende oberhalb des soziokulturellen Existenzminimums von ca. 1.200 Euro eintreten?

Maik Beermann (CDU, MdB): Eine sanktionsfreie Mindestsicherung für Arbeitssuchende lehne ich ab. Kurzzeitarbeitslose werden bereits heute durch das ALG-1 für ein Jahr entsprechend durch die Arbeitslosenversicherung unterstützt. Bei Langzeitarbeitslosen auf Sanktionen zu verzichten verringert meiner Meinung nach die staatlichen Anreize zur Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses. 

Marja-Liisa Völlers (SPD, MdB): Wie bereits bei Frage eins erwähnt, wollen wir im nächsten Deutschen Bundestag die Grundsicherung zu einem Bürgergeld entwickeln. Das Bürgergeld soll digital und unkompliziert zugänglich sein. Bescheide und Schriftwechsel sollen eine verständliche Sprache sprechen. Wir haben wegen der Corona-Pandemie die Vermögensprüfung weitestgehend ausgesetzt. Man läuft nicht mehr Gefahr, aus der Wohnung ausziehen zu müssen. Die guten Erfahrungen aus diesen vorübergehenden Maßnahmen haben uns darin bestätigt, dafür zu sorgen, dass auch in Zukunft Vermögen und Wohnungsgröße innerhalb von zwei Jahren nicht überprüft werden. Das Bürgergeld beinhaltet Mitwirkungspflichten, setzt aber in der neuen Form konsequent auf Hilfe und Ermutigung. Eingliederungsvereinbarungen werden durch eine gemeinsame und auf Augenhöhe erarbeitete Teilhabevereinbarung ersetzt. Bei ihrer Umsetzung setzen wir auf Befähigung und Bestärkung und nicht auf Vorgaben und Zwang.

Katja Keul (Grüne, MdB): Wie in Antwort eins bereits ausgeführt, setzen wir uns für eine Garantiesicherung ein, welche ohne Sanktionen und mit weniger Bürokratie auskommt.  

Lennart Dahms (Die Linke): Wer unter 1200€ leben muss, lebt am Existenzminimum. Aufgrund versäumter Termine nicht seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, ist unwürdig. Wir fordern ein sanktionsfreies Existenzminimum von 1200€/Monat.

Gabriele Tautz (Tierschutzpartei): Ich würde auch eine sanktionsfreie Mindestsicherung für Arbeitssuchende oberhalb des Existenzminimums befürworten, da wir leider durch die massiven Veränderungen in allen industriellen Bereichen durch Digitalisierung/Künstliche Intelligenz davon ausgehen müssen, dass viele Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren werden. Hier muß Unterstützung erfolgen, um den Betroffenen Zeit zu geben, sich weiterzubilden oder sich neuen Berufsfeldern mit Zukunft zu widmen.


5. Wie lautet Ihre Antwort auf die zunehmende Altersarmut unter dem Gesichtspunkt des demographischen Wandels?

Maik Beermann (CDU, MdB): Die Christlich Demokratische Union bekennt sich klar zu den drei Säulen der Altersvorsorge: Die staatliche Altersvorsorge über die Rentenversicherung, die betriebliche Altersversorge und die private Altersvorsorge. Wer ein Leben lang gearbeitet oder Kinder erzogen hat, muss mehr haben als jemand, der nicht gearbeitet hat, und er sollte nicht auf Sozialhilfe angewiesen sein. In den letzten drei Jahren sind die Renten jährlich um über 3 Prozent gestiegen. Zudem haben wir mit der Grundrente dafür gesorgt, dass kleine Renten nach langer Erwerbstätigkeit bedarfsgerecht aufgestockt werden. Zudem wollen wir erreichen, dass Bezieher staatlicher Transferleistungen im Rentenalter grundsätzlich in ihrem Wohneigentum bleiben und eine angemessene Notlagenreserve als Anerkennung der Lebensleistung behalten können. Dafür sollen die gesetzlichen Regelungen zur Vermögensverwertung und zum Schonvermögen in der Grundsicherung im Alter angepasst werden.

Marja-Liisa Völlers (SPD, MdB): In der jetzt endenden Wahlperiode haben wir gegen den Widerstand der Union die Grundrente durchgesetzt. In der kommenden Wahlperiode wollen wir eine geschlechtergerechte Rente erreichen. Unterschiedliche Arbeitszeiten und familienbedingte Tätigkeiten bei den Renten werden wir gerechter behandeln. Langjährige Pflege von Eltern, Schwiegereltern oder anderen Familienmitgliedern dürfen sich nicht mehr negativ auf die Rente auswirken und die eigene Altersarmut bedeuten. Hier brauchen wir mehr Solidarität und Respekt vor dieser schweren Aufgabe.

Katja Keul (Grüne, MdB): Wir wollen die Grundrente zu einer echten Garantierente weiterentwickeln, welche mehr Menschen einbezieht und sie finanziell besser absichern soll. Doch langfristig können nur armutsfeste Löhne das Renteniveau sichern, daher müssen prekäre Beschäftigungsverhältnisse überwunden werden. Die gesetzliche Rentenversicherung wollen wir schrittweise zu einer Bürger*innenversicherung weiterentwickeln, in die perspektivisch alle einbezogen werden, damit alle gut abgesichert sind.

Lennart Dahms (Die Linke): Wer höhere Renten will muss höhere Löhne fordern. 13€/Stunde mindestens für eine Rente über Grundniveau. Zudem braucht es eine Grundrente von 1200€ sowie die Anhebung des Rentenniveaus auf 53% bei Absenkung des Renteneintrittsalters auf 63 Jahre.

Gabriele Tautz (Tierschutzpartei): Bedauerlicherweise wird aufgrund des demografischen Wandels das Rentensystems in der derzeitigen Form künftig nicht mehr zu gewährleisten sein. Daran wird auch das Anwerben von Fachkräften aus dem Ausland nichts ändern. Hinzu kommt ein drohender Anstieg von Arbeitslosigkeit in der Industrie durch Digitalisierung/Künstliche Intelligenz. Es werden nicht mehr so viele Menschen in die Sozialversicherungskassen einzahlen. Deshalb wäre eine Bürgerversicherung einzurichten, in die alle Bürger und Bürgerinnen, incl. Beamten und Abgeordnete einen Beitrag leisten. Diese sollte eine Grundrente oberhalb der Armutsgrenze für alle ermöglichen.


6. Würden Sie für die Einrichtung einer Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag stimmen, die sich überfraktionell unter Berücksichtigung wissenschaftlicher, rechtlicher, wirtschaftlicher und ethischer Aspekte mit der Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens auseinandersetzt?

Maik Beermann (CDU, MdB): Die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens durch eine Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zu eruieren, erscheint mir ausschließlich unter der Prämisse sinnvoll, dass die europarechtlichen Hürden eines solchen BGEs zeitgleich auch durch das Europäische Parlament untersucht werden. 

Marja-Liisa Völlers (SPD, MdB): Als stellvertretende Vorsitzende einer Enquete-Kommission weiß ich um deren Vorteile. Gerade bei der Erarbeitung und Bewertung von neunen Ideen und Vorschlägen ist eine Enquete-Kommission hilfreich und von großem Nutzen. Ob es im nächsten Deutschen Bundestag eine Enquete-Kommission zum Bedingungslosen Grundeinkommen geben wird, wird sich erst nach der Wahl zeigen. Dies müsste dann von einer Fraktion initiiert werden.

Katja Keul (Grüne, MdB): Grundsätzlich begrüße ich die Idee einer Enquete-Kommission. 

Lennart Dahms (Die Linke): Etwas aus Prinzip abzulehnen, ist falsch. Das tun aber leider die meisten Parteien mit dem BGE. Eine Enquete-Kommission, die dies prüfen kann, ist durchaus erstrebenswert.

Gabriele Tautz (Tierschutzpartei): Die Einrichtung einer Enquete-Kommission sehe ich als dringend notwendig an, hier sollten neben den Politikern die Wissenschaflter, Juristen, unabhängige Berater und Mitglieder der Ethik-Kommission mitwirken, um die Umgestaltung des gegenwärtigen Systems Hartz IV auf ein sozialverträgliches neues System zu begleiten.


7. Bis Juni 2022 werden europaweit Unterschriften für die „Europäische Bürgerinitiative Grundeinkommen“ (EBI) gesammelt mit dem Ziel, dass sich die Europäische Kommission mit der Einführung eines europaweiten BGEs beschäftigen muss. Werden Sie unterschreiben bzw. haben Sie dies bereits?

Maik Beermann (CDU, MdB): Aufgrund der oben aufgeführten Vorbehalte gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen, werde ich die Unterschriftenaktion nicht unterstützen.

Marja-Liisa Völlers (SPD, MdB): Ich begrüße, wenn sich die Europäische Kommission auch auf europäischer Ebene mit den Ungleichheiten in den einzelnen Mitgliedsstaaten auseinandersetzt. Die Einführung eines Europäischen Grundeinkommens ist aus meiner Sicht dafür nicht das geeignetste Mittel.

Katja Keul (Grüne, MdB): Die EBI habe ich noch nicht unterschrieben. 

Lennart Dahms (Die Linke): Ich kenne diese Bürgerinitiative bisher nicht, werde mich aber nun mit ihr auseinandersetzen und ggf. meine Unterschrift druntersetzen, sollte sie mich überzeugen.

Gabriele Tautz (Tierschutzpartei): Gern leiste ich eine Unterschrift für die Europäische Initiative Grundeinkommen.